Die von IKGS-Direktor Florian Kührer-Wielach vom 26. bis 28. Februar 2023 unternommene Reise in die ukrainische Nordbukowina hatte mehrere Ziele: einerseits konnten gemeinsam mit Mitarbeitern der Universität Czernowitz/Tscherniwzi im rumänischen Suceava Hilfsgüter besorgt werden, insbesondere Medikamente und Lebensmittel. (Zugeladen wurden außerdem einige Generatoren, die die Universität Lübeck im Rahmen einer größeren Hilfsaktion für die Universität Czernowitz besorgt hatte und von Freunden aus dem siebenbürgischen Cluj-Napoca/Klausenburg zwischengelagert und nach Suceava verbracht wurden.)  

Besichtigung von Kulturgutschutzprojekten
Außerdem besuchte Kührer-Wielach während seines Aufenthalts in Czernowitz mehrere im Aufbau befindliche Museen, die im Rahmen des von der Beauftragten des Bundes für Kultur und Medien geförderten und vom IKGS abgewickelten Kulturgutschutzprojekts „Schutz von Kulturgut und Kulturerbe in der Bukowina: Sprachen, Konfessionen und Kulturen – Stadt und Land in Wechselwirkung“ unterstützt wurden. Konkret handelt es sich um das historische und das ethnographische Museum der Universität Czernowitz sowie das ethnographische Museum der Gemeinde Woloka, die sich aus rumänischen und ukrainischen Siedlungsteilen zusammensetzt. Auf dem Gemeindegebiet befindet sich auch eine ehemalige deutsche Siedlung im Franztal.
Darüber hinaus wurden mögliche zukünftige Maßnahmen besprochen, die zur nachhaltigen Sicherung des architektonischen UNESCO-Kulturerbes des Hauptgebäudes und der besonders wertvollen Bestände der Universität beitragen können. Besucht und besichtig wurden unter anderem die Universitätsbibliothek, das paläontologische Institut sowie das Uhrwerk der großen Universitätsuhr auf dem Dachboden des Hauptgebäudekomplexes. 

Besuch in der Universitätsbibliothek. v. l.: Florian Kührer-Wielach (IKGS), Bilbiotheksdirektor Mychajlo Suschman und Oxana Matiychuk vom Zentrum Gedankendach/Universität Czernowitz © S. Lukanjuk Besuch in der Universitätsbibliothek. v. l.: Florian Kührer-Wielach (IKGS), Bilbiotheksdirektor Mychajlo Suschman und Oxana Matiychuk vom Zentrum Gedankendach/Universität Czernowitz © S. Lukanjuk

 

Verleihung der Ehrendoktorwürde
Einen Höhepunkt der Reise in die Nordbukowina stellte die Verleihung der Ehrendoktorwürde an IKGS-Direktor Florian Kührer-Wielach dar, die der Akademischen Rat der Universität in seiner Sitzung vom 28.11.2022 beschlossen hatte. Diese Ehrung sollte die über viele Jahre andauernde, insbesondere im letzten Jahrzehnt intensivierte Zusammenarbeit zwischen IKGS und Universität Czernowitz bekräftigen. Die in erste Linie wissenschaftliche Kooperation im Rahmen von gemeinsamen Tagungen, Publikationen und Projekten hat seit der Invasion der russischen Streitkräfte im vergangenen Jahr auch die Dimension einer gemeinsamen Hilfsaktion – die Bukowinahilfe des „Netzwerk Gedankendach“ – angenommen.
Die dem Akademischen Rat entgegengebrachten Dankesworte Kührer-Wielachs können hier in der mehrsprachigen Vortragsfassung sowie auf Deutsch und Ukrainisch nachgelesen werden.
Zum Bericht auf der Website der Universität. (Ukrainisch) 

Der Leiter des International Office der Universität, Serhij Lukanjuk, Germanist und Celan-Experte Petro Rychlo, der ebenfalls geehrte ehemalige Rektor Prof. Stepan Melnychuk, IKGS-Direktor Florian Kührer-Wielach und die Leiterin des Zentrum Gedankendach, Dr. Oxana Matiychuk (v. l.) Der Leiter des International Office der Universität, Serhij Lukanjuk, Germanist und Celan-Experte Petro Rychlo, der ebenfalls geehrte ehemalige Rektor Prof. Stepan Melnychuk, IKGS-Direktor Florian Kührer-Wielach und die Leiterin des Zentrum Gedankendach, Dr. Oxana Matiychuk (v. l.)

 

Die Bukowinahilfe wird fortgesetzt
In diesem Sinne wurde im Rahmen verschiedener Treffen mit Vertreterinnen und Vertretern der Universität auch über die Fortsetzung der humanitären Hilfe gesprochen: das IKGS wird auch weiterhin als erste Anlaufstelle in Deutschland fungieren, während die Beurteilung der aktuellen Bedarfe und die Verteilung der Hilfsgüter auch in Zukunft bei der Universität Czernowitz liegen. Über die Bukowinahilfe hinaus konnte Kührer-Wielach dem ärztlichen Leiter des Fischer’schen Kinderspitals eine von niederösterreichischen Spenderinnen und Spendern aufgebrachte Summe überreichen. 

Ein Blick ins Lager der Universität. Die meisten Hilfsgüter gehen binnen weniger Tage zu jenen, die sie benötigen: Binnenflüchtlinge in den Studentenheimen und in der Region, Angehörige von Studierenden und Universitätspersonal im Einsatz sowie Partneruniversitäten im Osten. © F. Kührer-Wielach Ein Blick ins Lager der Universität. Die meisten Hilfsgüter gehen binnen weniger Tage zu jenen, die sie benötigen: Binnenflüchtlinge in den Studentenheimen und in der Region, Angehörige von Studierenden und Universitätspersonal im Einsatz sowie Partneruniversitäten im Osten. © F. Kührer-Wielach

 

Weitere wissenschaftliche Zusammenarbeit
Arbeitsgespräche mit der Universitätsleitung und den Dekanen der geistes- und sozialwissenschaftlichen sowie der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät unterstrichen auch die Absicht, weiterhin eng auf wissenschaftlicher Basis zu kooperieren. Insbesondere Projekte zur Regional- und zur Universitätsgeschichte wurden ins Auge gefasst. Einerseits kann die Bukowina – auch jenseits aller Mythisierung – als historisches Laboratorium gelungenen Zusammenlebens fungieren. Andererseits wird die heute nach dem auf Ukrainisch und Deutsch schreibenden, österreichischen Schriftsteller Jurij Fedkowytsch (1834–1888) benannte Universität, die in der Tradition der 1875 gegründeten Francisco-Josephina steht, in wenigen Jahren ihr 150jähriges Bestehen feiern – hoffentlich in Frieden.

Kriegerdenkmal im Franztal (Nordbukowina) für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs. Hier verlief einst die wichtigste Nord-Süd-Route in der Region. Auf den Gedenktafeln finden sich deutsche, rumänische, ukrainische und ungarische Namen. © F. Kührer-Wielach Kriegerdenkmal im Franztal (Nordbukowina) für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs. Hier verlief einst die wichtigste Nord-Süd-Route in der Region. Auf den Gedenktafeln finden sich deutsche, rumänische, ukrainische und ungarische Namen. © F. Kührer-Wielach