Erschließung und Digitalisierung

Erschließung und Digitalisierung

Digitalisierungsprojekt „Sammlung Temeswar“

Das Digitale Forum Mittel- und Osteuropa widmet sich seit 1. November 2021 der Realisierung einer digitalen Sammlung zur „Kulturhauptstadt Europas Temeswar 2023“. Insgesamt ist die Digitalisierung von 240.000 Seiten vorgesehen. Das IKGS ist mit über 90 % des Digitalisierungsvolumens als größter Content-Provider an diesem Projekt beteiligt.

Im Mittelpunkt stehen dabei Digitalisierung, Volltexterkennung und Onlinestellung von 215.000 Seiten der Temesvarer Zeitung (erschienen 1852–1940, 1944–1949) aus dem Bestand der IKGS-Bibliothek. Der Germanist Jörg Riecke beschrieb das Periodikum „als politisch-wirtschaftlich bedeutendes Informationsblatt, das im Banat weite Verbreitung fand“. Zunächst herausgegeben von der Wiener Regierung als offizielles Amtsblatt für das in Folge der Revolution von 1848/49 geschaffene Kronland Woiwodschaft Serbien und Temeser Banat ähnelte sie bis Ende 1860 strukturell der amtlichen Wiener Zeitung und vertrat auch politisch die Perspektive der Zentralmacht in Wien. Nach Auflösung des Kronlandes und der Eingliederung seines Territoriums in das Königreich Ungarn wurde die Temesvarer Zeitung 1861 privatisiert. Ihr erster Eigentümer wurde Carl Hirschfeld, der 1857/58 bereits in amtlicher Funktion mit der Leitung betraut war. 1864 verkaufte er die Zeitung an Martin Uhrmann, blieb aber noch bis 1866 Teil der Redaktion. Die Zeitung wurde von Michael Niamessny übernommen. Die Blattlinie orientierte sich fortan an den Forderungen des ungarischen Ausgleichs und befürwortete die Magyarisierung. Bis 1868 hatte sie als Tageblatt eine Monopolstellung in Temeswar inne. Die 1912 erfolgte Fusion von Temesvarer Zeitung und Neuer Temesvarer Zeitung und die redaktionelle Übernahme durch den Theaterkritiker Anton Lovas, in deren Folge kulturelle Themen noch stärker in den Vordergrund traten. Nach der nationalsozialistischen Machtergreifung in Deutschland setzte sich die Temesvarer Zeitung nach Möglichkeit für Gegner und Verfolgte des Regimes ein und wurde aufgrund ihrer nach wie vor mehrheitlich liberalen Gesinnung zwischen 1940 und 1944 verboten. Im selben Jahr konnte sie ihre Tätigkeit zwar wieder aufnehmen, jedoch nur bis zur kommunistischen Zentralisierung des rumänischen Pressewesens 1949.

Als zweites Periodikum werden die bereits vorhandenen Digitalisate der jüdischen Wochenzeitung Neue Zeit/Uj Kor des physischen Bestandes aus dem IKGS von 1923–1930 mit den Digitalisaten der Mikrofilme von 1922–1940 komplettiert.

Zudem werden die zahlreich vorhandenen Werbeanzeigen der jüdischen Wochenzeitschrift Neue Zeit extrahiert und als eigenständige Dokumente in die Sammlung Temeswar integriert. Auf diese Weise soll den Nutzerinnen und Nutzern ein Eindruck von der vielfältigen jüdischen Geschäftswelt in der Zwischenkriegszeit vermittelt werden, die in der Folge von Shoa und Emigration zu existieren aufhörte.

Neben der Neuen Zeit werden auch alle anderen „Altbestände“ in der Digitalen Bibliothek des DiFMOE mit direktem Bezug zu Temeswar in die neue Kollektion integriert.

Erweitert wird die Sammlung Temeswar mit einer Auswahl an monografischen Werken, historischen Ansichtskarten, Fotografien, Landkarten und Stadtplänen sowie Theaterplakaten. Der fokussierte Zeitraum spannt sich vom 17. Jahrhundert bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Je nach Komplexität der Objektbeschreibungen ist vorgesehen, eine Einzeldokumentenanzahl zwischen 1.200 und 1.400 anzustreben. Wesentliches Ziel ist, sowohl einem historisch interessierten Laienpublikum die multiethnische Geschichte der Kulturhauptstadt Temeswar näher zu bringen, als auch der internationalen wissenschaftlichen Gemeinschaft wichtige und bis dato nicht über das Internet frei zugängliche Quellen zur Verfügung zu stellen.

Partner für die Ausleihe der Vorlagen für die Digitalisierung:

  • Institut für deutsche Kultur und Geschichte Südosteuropas e. V. (München): Periodika (Temesvarer Zeitung, Neue Zeit), Bücher, Fotografien, Ansichtskarten, Theaterplakate;
  • Institut für donauschwäbische Geschichte und Landeskunde (Tübingen): Bücher, Ansichtskarten, Landkarten und Stadtpläne;
  • Landesbibliothek des Burgenlands (Eisenstadt): Bücher;
  • Martin-Opitz-Bibliothek (Herne): Bücher;
  • Kultur- und Dokumentationszentrum der Landsmannschaft der Banater Schwaben e. V. (Ulm): Ansichtskarten;
  • Diözesanarchiv Temeswar (angefragt, gegebenenfalls ein kleiner gemischter Bestand).

Das Projekt wird von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien gefördert.

Zwischenergebnisse im Rahmen des Projekts

  • Projektantrag: Juli 2021
  • Projektlaufzeit: 1.11.2021 – 31.10.2023
  • Übergabe der Temesvarer Zeitung, Neue Zeit, Monografien zu Temeswar und Theaterplakaten aus Temeswar zur Digitalisierung: Dezember 2021
  • Abschluss der Digitalisierung: Juni 2022
  • Freischaltung der digitalisierten Zeitungen, Monografien und Archivalien im Digitalen Forum Mittel- und Osteuropa (DiFMOE): 2023

Dr. Angela Ilić
Ansprechpartnerin
Projektleitung
E-Mail: ilic@ikgs.de

Jana Augustin, M. A.
Leitung Bibliothek und Archiv
Projektmitarbeit „Nachlass Zillich“

E-Mail: augustin@ikgs.de
Tel.: 089/78 06 09 13

 

Gesamtleitung: Jan Schrastetter
Digitalisierung und technische Umsetzung: Fabian Kopp
Projektleitung IKGS: Jana Augustin

Gefördert von: